Von unserer Mitarbeiterin
DOROTHEE QUARÉ-ODENTHAL
TRIER. Der Lautstärkepegel ist beachtlich; die Menschen sitzen auf Bänken, hocken in Grüppchen auf dem Boden, suchen nach einer neuen Gelegenheit: zum Tauschen von "Paninis". Die Europäische Kunstakademie hat gemeinsam mit staatsfunk.de unter der Schirmherrschaft von "Eintracht"-Legende Paul Linz zur zweiten Trierer Panini-Tauschbörse geladen, und alle sind sie gekommen: Mütter mit ihren Söhnen, Großmütter mit fußballbegeisterten Enkelkindern, junge Männer in unbestimmbarer Anzahl, vielfach mit Freundinnen. In der Kunsthalle herrscht ein reges Kommen und Gehen.
Die Tauschbörse findet statt im Rahmen des Projektes "Ballkünstler": Auf einem Regal nahe des Eingangs prangen kreativ gestaltete Bälle, vom Schachspielball bis zum Monster. Die Großleinwand im Hintergrund findet wenig Beachtung: Fast drei Stunden Zeit bis 21 Uhr.
"409? Nee... 410? Ja... 438? Mist, nur 448..." Mattis (8) und Fynn (11) tauschen mit einem Freund. "Sie haben das von ihrer Lehrerin erfahren, da war die Klasse ganz heiß drauf", lacht ihr Vater. "Ein Mann hat mir einen ganzen Stapel geschenkt!", strahlt Erik (10) aus Oberbillig. So kann auch sein gleichaltriger Freund Maximilian einige Fußball-Bildchen bekommen.
"Ich geh' grad mal raus, ich brauch' ein bisschen frische Luft", stöhnt ein Vater, seine beiden kleinen Kinder im Schlepptau. Bennet (9) ist voller Eifer: "Mir fehlen nur noch die 21!" Fleißig hat er die Päckchen gekauft, vor zwei Wochen bereits viel eingetauscht. "Die meisten in meiner Klasse haben weniger!"
"Das wird immer schwieriger", stöhnt eine junge Mutter mit kleinem Sohn, "aber wir sammeln noch ein bisschen..." "Jemand zum Tauschen?", fragt die Mutter von Kai (10). Bennet hat nichts dagegen. Und siehe da, es fehlen nur noch 19.
"Mein Freund sammelt - ich bin nur gekommen, mir das Spektakel anzusehen", sagt Sonja, mit einer Kamera bewaffnet. "Ich hab' schon zwei Kolleginnen getroffen. Manche Leute sind aus dem Saarland angereist!" Um sieben ist Bennet durchgeschwitzt in seinem roten Fußballer-Trikot; ihm fehlen noch 16 Stück. "Wie kommt das letzte Sechseck in den Ball?" wird bei einem Gewinnspiel gefragt. Auf die Sieger warten zehn Fußmatten aus WM-Rasen.
"Die Reihenfolge stimmt nicht, ich hab' sie grad erst gekauft", stellt ein junger Mann vor der Halle fest. Seine Freundin ist mit Notizheft zugange: "Ich muss erst sortieren." "Ich hab' nicht gedacht, dass das so anstrengend ist!", seufzt er. "Bring nichts durcheinander!", ermahnt auch eine Oma ihren Enkelsohn. Bennet ist um 20 Uhr glücklich: "Voll!"
Von Birgit Reichert, dpa
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Trier (dpa/lrs) - Sie knien und hocken zu Hunderten auf dem Boden. In ihren Händen halten sie Listen mit langen Zahlenreihen, neben ihnen stapeln sich Panini-Klebebildchen. Es herrscht angespannte Ruhe im Raum, schließlich ist die Sache ernst: In wenigen Tagen beginnt die Fußballweltmeisterschaft und bis dahin muss das Sammelalbum mit insgesamt 597 Bildern gefüllt sein. Und der Profi weiß: Wer nur immer wieder neue Tütchen kauft, kommt nicht an sein Ziel. Denn die Zahl der doppelten und dreifachen Bilder nimmt zu - die Lücken im Album aber werden nicht kleiner. Deshalb hat die eingefleischten Sammler nun der Tauschrausch ergriffen.
«Ich habe heute acht Tütchen mit jeweils fünf Bildern gekauft, konnte aber nur zwei Sticker gebrauchen», sagt Sascha Görres auf der ersten Trierer Tauschbörse. Auf dem «Panini-Tauschmarkt» dagegen füllte er gleich seitenweise sein Album - und wurde viele seiner Doppelten los. «Am Anfang hat sich das Album so wunderschön gefüllt», erzählt der 26-jährige Krankenpfleger, der erst vor zwei Wochen mit dem Sammeln begonnen hat. Aber der sportliche Ehrgeiz verbietet natürlich ein Aufhören, wenn es schwierig wird.
Bereits 100 Millionen Tütchen hat der italienische Verlag Panini zur WM 2006 in Deutschland auf den Markt gebracht. Damit stehen die Deutschen nach Mexiko und Italien auf Platz drei der fleißigsten Sammelnationen. «Und es geht noch weiter», sagt Panini-Sprecherin Birgit Barner im nordrhein-westfälischen Nettetal. In Modena (Italien) werde ständig nachgedruckt, um der weltweiten Nachfrage nachzukommen. In 3 Schichten werden täglich 65 Millionen Klebebilder gedruckt, die in 110 Ländern gehen. Insgesamt sind bereits 800 Millionen Tütchen gedruckt worden. Panini ist seit 1970 ungebrochen mit seinen Sammelbildern auf dem Markt.
An die Anfänge der Panini-Alben erinnert sich Thomas Fluxa noch gut. Er hockt in einem schwarzen Anzug mit Sohn Jakob im Getümmel der Tauschbörse in der Europäischen Kunstakademie in Trier. «Ich habe 1978 mein Album bis auf ein einziges Bild voll bekommen und das ärgert mich bis heute», sagt der evangelische Pfarrer, der direkt nach einem Konfirmationsgottesdienst zum Panini-Mekka gepilgert war. Nun will er das Album aber unbedingt komplett haben. «Es ist ein schönes Stück Kindheitsgeschichte, das als Rückblick in die eigene Vergangenheit später einen großen Wert hat», sagt der 39-Jährige, dem noch 150 Bildchen fehlen.
Walter Kuhn ist aus dem luxemburgischen Echternach nach Trier zum Tauschen gekommen. «Leider gibt es zu wenige Tauschbörsen», sagt er. Das Sammelfieber sei in diesem Jahr «ganz besonders schlimm», weil die WM in Deutschland sei. Ganz Verzweifelte könnten die letzten 50 fehlenden Bildchen auch bei Panini direkt bestellen. «Aber vielen widerspricht das der Sammelehre», sagt der Organisator der Börse, Ansgar Zender. Er hatte die Idee zur Tauschaktion, weil er selbst schnell die niederländische und die US-Mannschaft voll hatte, aber bei anderen WM-Nationen keine Seite füllen konnte. Besonders selten und begehrt seien der Goldpokal und die Panini-Briefmarke.
Einige Läden und Kioske können dem großen Ansturm auf Panini-Bilder nicht mehr gerecht werden. «Ich war schon mehrfach ausverkauft», sagt eine Kioskinhaberin in der Trierer Innenstadt, die jeden Tag 300 Tütchen geliefert bekommt. Morgens kurz nach sieben Uhr kämen die Schüler, dann die Studenten, später Touristen und dann die Geschäftsleute. «Eigentlich kommen sie alle», sagt sie.
Ganz besonders viele werden am Dienstag erwartet. Denn dann wird endlich das Bildchen von Torwart Jens Lehmann zu haben sein, der bislang noch nicht in den Tütchen vertreten ist. Sein Klebebildchen werde dem Fußball-Magazin «Just Kick it» beigelegt, sagte die Panini-Sprecherin. Im aktuellen Album ist noch Oliver Kahn als Nummer eins aufgeführt.
dpa rt yyrs
TRIER. Die Europäische Kunstakademie und das Internet-Portal www.staatsfunk.de haben jetzt die Lösung für alle Panini-Fußballbild-Sammler: Am Sonntag, 28. Mai, 15 Uhr, findet in der Kunsthalle der Europäischen Kunstakademie (Aachener Straße 63) die "Erste Panini-Sammelbilder-Tauschbörse" statt. Und das vor einer tollen Kulisse: Eigens zur Fußball-WM ist in der Kunsthalle ein kleines Stadion mit Fantribüne und Kunstrasenplatz aufgebaut. Die Tauschbörse ist Teil der Aktion "Ballkünstler", mit der die Europäische Kunstakademie die Fußball-WM begleitet. Zum Programm zählen unter anderem auch eine Ausstellung zum Thema "Ball", ein Girlie-Beach-Soccer-Turnier und lange Party-Nächte. Schirmherr der Börse ist Eintracht-Trainer-Legende Paul Linz.